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Im Rahmen des Deutschen Schulleiterkongresses, der vom 3.-5. März in Düsseldorf stattfand, konnten wir unsere inklusive Entwicklung einem Publikum vorstellen, das aus ganz Deutschland angereist war. Unter dem Titel "Inklusion - Aus der Praxis für die Praxis Gelungene Inklusion von Schulen präsentieren - Gelingensfaktoren diskutieren - praxiserprobte Anregungen holen" präsentierten wir unsere Erfahrungen aus dem Bereich der Teamentwicklung in unserer Schule gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Schulen. Eine leicht gekürzte Fassung meines Abstracts zum Vortrag könnte von allgemeinem Interesse sein und diese finden Sie hier:

 

Teamentwicklung am AMG

Inklusiver Weg des Kollegiums am AMG - Zeit

„Behutsam aber mutig, konstruktiv und zielgerichtet“ – so ließe sich vielleicht der Beginn unseres Prozesses zum fernen Ziel einer inklusiven Schule auf eine Formel bringen. Seit 2011 setzen wir uns am AMG konstruktiv mit Inklusionsentwicklung auseinander. Dabei stand von Anfang ein partizipativer Ansatz im Vordergrund. Noch vor der Einrichtung einer ersten Klasse mit Gemeinsamem Lernen (2013/14) wurde Inklusion Thema der gesamten Schulgemeinschaft. In vielen Veranstaltungen informierten und berieten wir mit SV, Pflegschaft und Kollegium über Bedenken, Widerstände, Chancen und Verwirklichungsmöglichkeiten eines inklusiven Weges unserer Schule. Das „Ob?“ stand dabei allerdings nie zur Disposition, sondern immer nur das „Wie?“ Diese Vorbereitungszeit war für unsere Schule und Entwicklung des Kollegiums von entscheidender Bedeutung. Widerstände konnten in dieser Zeit als lebendiger Teil unserer Vielfalt bearbeitet werden. Sie waren und sind wichtig für uns, weil sie zum Beispiel den Blick auf Stolpersteine lenken, ohne das Ziel in Frage zu stellen.

Teams entwickeln

Um nicht alle KollegInnen gleichzeitig in das Risiko einer neuen Entwicklung zu schicken, haben wir uns am AMG dazu entschlossen, zunächst eine Klasse pro Jahrgang mit Gemeinsamem Lernen zu bilden. Diese Klassen haben die Aufgabe, neue Formen der Teamzusammenarbeit, des Classroom-Managements und des Unterrichtens zu entwickeln. Die dabei vorangebrachten Innovationen werden evaluiert und den anderen Klassenleitungsteams der Schule zur Verfügung gestellt. Kern unseres Konzeptes ist eine Teamstunde pro Woche, die für alle KollegInnen mit GL im Stundenplan eingeblockt ist und nach Möglichkeit auch anteilig entlastet wird. Angesichts knapper Ressourcen steht hinter dieser schulleiterischen Entscheidung eine entscheidende Akzentsetzung: Als Keimzellen der Unterrichtsentwicklung sind multiprofessionelle Lehrerteams so wichtig, dass ihre Arbeit wertgeschätzt und unterstützt wird. Wir gehen dabei davon aus, dass die Arbeit insbesondere in den Klassen 5 und 6 zeitintensiv ist, sie wird daher mit einer Stunde für ein Kernteam an KollegInnen entlastet. In den Klassen 7 und 8 wird dann weniger entlastet und die Teams tagen nur alle 2 Wochen. Teamzeiten sind fest im Stundenplan eingeblockt.


Hier findet durch die Zusammenarbeit ganz automatisch Teamentwicklung statt. Unsere Teams bestehen aus den FachlehrerInnen, SonderpädagogInnen und SchulbegleiterInnen einer Klasse und haben gerade in dieser Multiprofessionalität ihre Stärke. Insbesondere in (fachlichen) Schulbegleitungen steckt  häufig ein Schatz, der nur gehoben werden muss, hospitieren diese doch mehr Unterricht als ein/e LehrerIn dies könnte. Selbstverständlich ist die Teamarbeit so angelegt, dass sie der individuellen Förderung ALLER Kinder der jeweiligen Klassen zugute kommt.Beschlusskontrolle, Sammlung der Tagesordnung und Protokoll sind für uns selbstverständliche Strukturelemente einer nachhaltigen konstruktiven Zusammenarbeit. Eine kollegiale Haltung allen Beteiligten gegenüber ist uns ganz besonders wichtig und letztlich zeigt sich hier die Stärke inklusiver Strukturen und Praxis, denn auch die Vielfalt (der Professionen und Sichtweisen) wird in unseren Teams als Schatz verstanden, der Potentiale entfaltet. Nach dem Inkrafttreten des 9. SchRÄG hat sich die Ressourcenlage für Doppelbesetzungen in unseren Klassen verändert. Hatten wir in einer Klasse vorher 11,5 Stunden eine Sonderpädgogin im Team und Doppelbesetzung, sind es jetzt nur noch 5-6. So ist es schwer ein Fach komplett in Doppelbesetzung im Team zu unterrichten. Umgekehrt verstärkt es die Bedeutung von gemeinsamen Teamzeiten, da hier die tragenden Absprachen untereinander und auch die Weitergabe von sonderpädagogischer Expertise an Nicht-Sonderpädagogen stattfinden muss. Gleichwohl versuchen wir am AMG mehr und mehr auch Teamunterricht zu ermöglichen, indem wir darauf bestehen, dass ReferendareInnen mindestens ein Halbjahr ihres eigenständigen Unterrichts im Teamteaching absolvieren. Eine Win-Win-Situation: Klassen und Teams profitieren von Doppelbesetzung und die Studienreferendare könne in ihrem Portfolio nachweisen, dass sie im Team gearbeitet haben.

Synergien nutzen

Man muss immer wieder betonen, dass das Gelingen von Inklusion von Ressourcen abhängt. Auf Sicht und Dauer muss hier ein Schwerpunkt aller bildungspolitischen Entscheidungen liegen. Es lassen sich allerdings auch in jeder Schule innerhalb bestehender Strukturen Praktiken etablieren, die Kräfte bündeln und Unterstützungssysteme etablieren. So sehen wir an unserer Schule den Aufbau eines Inklusionsteams als eminent wichtig an, das - angegliedert an die erweiterte Schulleitung -  inklusive Schul- und Unterrichtsentwicklung vorantreibt und mit drei Personen besetzt ist. Mit dem gleichen Fokus haben wir eine Fachkonferenz Inklusion etabliert, die parallel zu den anderen Fachkonferenzen tagt und als Brücke und Vermittlung zwischen Alltag im GL und Schulentwicklung gedacht ist. Sie ist in Anlehnung an Fachkonferenzen als Organ der Schulmitwirkung besetzt mit KollegInnen, SchülerInnen und Eltern – ohne eine offizielles Schulmitwirkungsgremium zu sein. Auch der Aufbau des „Netzwerks inklusiver Gymnasien“ (gemeinsam mit dem Elisabeth von Thüringen-Gymnasium aus Köln) bündelt Kräfte und wirkt durch Austausch und gemeinsame Fortbildung auf uns und unseren Unterricht zurück. 2016 findet nunmehr schon das 9. und 10 Netzwerktreffen statt. Diese Treffen und der von uns herausgegebene Newsletter erfreuen sich großer Resonanz. Mittlerweile schreiben wir ca. 150 Menschen aus ganz NRW an und der Teilnehmerkreis ist nicht nur auf Köln beschränkt, sondern reicht bis Aachen, Bonn, Lohmar, Düsseldorf. Zuletzt sei hier noch die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern genannt. Die Montag-Stiftung Jugend und Gesellschaft hat von Beginn an unseren inklusiven Prozess auf der Ebene der Schulentwicklung begleitet.


Der Unterricht im Zentrum

Inklusion verändert unsere Schule. Von Anfang an waren die Vorkämpfer an unserer Schule davon überzeugt, dass Inklusion unseren Unterricht zum Positiven verändern kann, weil wir unweigerlich die individuelle Förderung aller Kinder in den Blick nehmen müssen. Zu der idealistischen Überzeugung des Beginns gesellt sich mittlerweile die konkrete Erfahrung: Unterricht, der für Förderung und Forderung Freiräume schafft, kann ein Unterricht der Potentialentfaltung für alle Kinder werden. Ein Classroom-Management, das auf Struktur, Visualisierung und Klarheit setzt, hilft allen Kindern zu lernen. Die Ressource der sonderpädagogischen Expertise an der Schule, wird mittlerweile von allen Klassen (ob GL oder nicht) nachgefragt und genutzt.
Auch den Kolleginnen und Kollegen muss letztlich klar werden, dass sich auch für jede/n ganz persönlich hier Chancen auftun, die eigenen professionellen Potentiale zu entfalten und ggf auch zu erweitern. Was wir als Herausforderungen der Inklusion sehen (z.B. der Umgang mit unangepasstem Verhalten) sind Herausforderungen, vor denen Lehrerinnen und Lehrer immer schon standen, die aber vielleicht mit zusätzlicher Expertise besser zu bearbeiten sind. Inklusion kann ein Entwicklungsmotor für jede/n LehrerIn persönlich und für jede Schule als Ganzes sein – man muss ihn nur anwerfen und die entstehenden Kräfte gut auf die Fahrbahn bringen.