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„Es ist nicht schwer zu komponieren. Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch zu kehren.", klagte 1873 der deutsche Komponist Johannes Brahms einem Freund. Von diesem alten Klagelied können Komponisten auch heutzutage noch ein neues altes Lied singen. Denn an musikalischen Ideen mangelt es ihnen oft weniger; vielmehr stellt es eine Herausforderung dar, aus diesen Ideen etwas zu gestalten, sie kunstvoll zu ‚komponieren', d. h. sie aufeinander abzustimmen, sie nach bestimmten Formprinzipien anzuordnen bzw. zusammenzusetzen, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen und Gefühle musikalisch auszudrücken.

Dies berichteten die beiden zeitgenössischen Komponisten Martin Brenne und Andreas Winkler des Komponistenkollektivs „zeitKlang" bei ihrem Besuch im Grundkurs Musik der Jahrgangsstufe Q1 am Montag, 8. Juli 2013 in der Aula des AMG. Dabei ergänzten sie zur Veranschaulichung ihren Kurzvortrag durch live musizierte Klangbeispiele aus ihren eigenen Werken.
Die gerade neu gegründete Gruppe „zeitKlang" (www.zeitklang.org) besteht aus vier jungen Kölner Komponisten der klassischen Stilrichtung „Neue Musik", die „in ihren Stücken sowohl eigene ästhetische Ansätze entwickeln als auch Kompositionstechniken und Ästhetiken des vergangenen Jahrhunderts aufgreifen und reflektieren wollen", wie sie selbst im Vorwort zum Programmheft anlässlich ihres Gründungskonzerts am 12. Juli 2013 erklären. Diese künstlerische Vorgehensweise ist durchaus nicht neu: Zu allen Zeiten und in allen Stilrichtungen (insbesondere auch in der aktuellsten populären Musik) haben Komponisten bei ihrem kreativen Schaffen immer wieder auf die Vorarbeit von Kollegenvorbildern zurückgegriffen – sei es zufällig durch unbewusste Erinnerung und Verinnerlichung studierter und selbst musizierter Werke der Musikgeschichte oder durch die bewusste Beschäftigung mit ihnen, um sich auf neue Kompositionsweise „alten" Kompositionstraditionen zu nähern, dabei Neues im Alten zu entdecken, mit Form- und Gattungstraditionen improvisatorisch zu spielen oder diese als ehrende Hommage an ihre großen Komponistenerfinder in reminiszenzartigen Variationen oder (Stil-) Zitaten und entsprechenden Anspielungen im Werktitel zu verarbeiten. Über diesen Umgang mit Fremdmaterial und ihre künstlerisch-handwerkliche Arbeit sprachen die beiden Gäste mit den Schülerinnen und Schülern des Musikkurses, die sich im Unterricht zuvor bereits einen kleinen exemplarischen Überblick über die Stilvielfalt neuer klassischer Musik – eben „Neuer Musik" – verschafft hatten.
Ferner beantworteten sie Fragen, die dem Musikkurs weitere eindrucksvolle Einblicke in das Berufsfeld des Komponisten gaben: Dabei erfuhren die Schülerinnen und Schüler, ...     ... dass für das Komponieren als Beruf eine kreative „Erleuchtung" im Sinne einer Berufung alleine nicht ausreicht, sondern Komponieren als Handwerkskunst in einem umfangreichen künstlerischen Studium an einer Musikhochschule erlernt werden muss;
    ... dass die meisten Komponisten neben ihrem Werkschaffen noch weiteren künstlerischen oder pädagogischen Tätigkeiten als konzertierende Instrumentalisten, als Dozenten an Musikhochschulen oder als Instrumentallehrer an Musikschulen nachgehen, um ihren Lebensunterhalt in der heutigen Zeit vielfältig abzusichern;
    dass ein Komponist nicht immer selbst die eigenen Werke spielen möchte (oder kann), sondern sie auch einmal als Besucher im Konzert nur hörend erleben und auf sich wirken lassen möchte.Ein solches Zuhörerlebnis wollten sich auch einige Schülerinnen und Schüler des Musikkurses nicht entgehen lassen. Wenige Tage nach dem Gastvortrag im AMG besuchten sie gemeinsam mit ihrer Musiklehrerin das Gründungskonzert des „zeitKlang"-Quartetts in der Alten Feuerwache in Köln, wo sie sehr herzlich empfangen und als besondere Gäste begrüßt wurden. Gut vorbereitet durch die Werkeinführung in der Schule, durften sie ein wunderbar facettenreiches Konzert mit Kompositionen der vier „zeitKlang"-Mitglieder, dargeboten von jungen professionellen Musikerinnen und Musikern, erleben, was sicherlich den eigenen gestalterischen und schöpferischen Umgang mit Neuer Musik im nächsten Schuljahr bereichern wird.