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Am Freitag, 20.10.2017, besuchte die Kölner Autorin Sabine Schiffner unseren Deutsch-Leistungskurs für einen Workshop zum Thema Lyrik anhand ihrer eigenen Gedichte. Im Unterricht zuvor hatten wir uns bereits mit lyrischen Texten zum Zeitgeist und zur Situation des Menschen in der Welt zur Zeit des Expressionismus beschäftigt.

Zunächst las Sabine Schiffner einige ihrer Gedichte vor und sprach sehr persönlich über ihre Gedanken sowie Gefühle zu den Hintergründen dieser Gedichte, die großenteils biografischen Ursprungs sind. Außerdem stellte sie uns einige ihrer Inspirationsquellen zu diesen Gedichten vor, welche entweder intertextuell andere lyrische Texte (z. B. das expressionistische Gedicht "De profundis" von Georg Trakl), Lieder aus klassischer Musik und Songs der Populären Musik oder auch ein Gemälde aus der Romantik ("Frau auf der Treppe" von Caspar David Friedrich) waren. Währenddessen konnten wir in ihren verschiedenen Gedichtbänden blättern, welche sie mitgebracht und aus denen sie die Gedichte für die Lesung ausgewählt hatte.

Im weiteren Verlauf des Workshops beantwortete Sabine Schiffner unsere Fragen etwa zur Herangehensweise an die Komposition eines Gedichts und die manchmal großen Unterschiede bei Gedichtinterpretationen im Vergleich zwischen Autorabsicht und Leserrezeption. Diesbezüglich interessierte uns, ob es falsche Interpretationen von Gedichten geben könne, was sie verneinte unter der Bedingung, dass die Interpretation unbedingt etwas mit dem Gedichtgegenstand nachvollziehbar zu tun haben müsse. Ferner diskutierten wir mit ihr die zeitgenössische Nutzung und Wirkung von sprachlichen sowie formalen Gestaltungsmitteln, da zu den typischen Kennzeichen von Schiffners Gedichten eine bewusst an den Inhalt angepasste musikalische Metrik, die konsequente Kleinschreibung, das Fehlen jeglicher Interpunktion sowie Zeilensprünge (Enjambements) gehören. Des Weiteren erfuhren wir, dass Sabine Schiffner meistens nicht länger als 20 Minuten an der Erstschrift eines Gedicht schreibt, bevor sie es dann aber oft wochen- oder monatelang überarbeitet, und dass sie insgesamt schon über 600 Gedichte veröffentlicht hat.

Schließlich berichtete sie uns auch sehr ehrlich von den Herausforderungen, die der Autorenberuf mit sich bringt, d. h. von den Schwierigkeiten, vom Schreiben bzw. von den Werkveröffentlichungen leben und eine Familie ernähren zu können. So ist sie wie viele Autoren immer wieder angewiesen auf Schreib-Stipendien infolge von Wettbewerben, von denen sie einige schon an viele spannende Orte der Welt mit neuen Inspirationen führten. Zudem hat sie als studierte Germanistik- und Theaterwissenschaftlerin bereits als Deutschlehrerin in Schulen unterrichtet und aufgrund ihrer vielfältigen Fremdsprachenkenntnisse an Übersetzungsprojekten mitgearbeitet. Bei ihrem aktuellen Übersetzungsprojekt bringt sie die von einem Dolmetscher rudimentär aus dem Georgischen ins Deutsche übersetzten Gedichte in eine neue lyrisch ansprechende Form, die innerhalb der deutschen Spracheigenart dem georgischen Ursprungstext sowie seinem Gegenstand gerecht zu werden versucht.

Durch diesen Workshop haben wir also nicht nur beispielhaft am lyrischen Werk Sabine Schiffners viele neue Erkenntnisse zur zeitgenössischen Lyrik gesammelt, sondern auch Einblicke in das Schaffen und in die Gedanken hinter den Gedichten einer zeitgenössischen Dichterin gewonnen.

Lena Deister (Deutsch-LK 2, Q1)